35.24 Sich öffnen, um in dem anderen die Tugend zu sehen

 

BETENDER RUF

 

Bezeichnenderweise gibt es eine Tendenz der Menschheit hin zur Auflösung der Gemeinschaften, hin zur Individualisierung der Definition zu sein und da zu sein, hin zu einer Tendenz, sich selbst zu gehören, so als hätte sich das Wesen geschaffen.

Infolgedessen eine Tendenz, die, wenn ihr die solidarische Gemeinsamkeit fehlt, es ihr dann an Entdeckungen, Neuheiten, Innovationen fehlt… und diese – wie man sagt – sind alte und bekannte Nachrichten, die aktuell werden.

 

Das hat offensichtlich mit dem persönlichen Hedonismus zu tun, mit der Signifikanz, die das Wesen seiner Position, seiner Meinung gibt und infolgedessen der Entwicklung seiner Wahrheiten, die unweigerlich in Konflikt mit jedwedem anderen treten.

 

Es taucht die Frage auf, ob das das menschliche Projekt ist: Eine Streuung der Gemeinsamkeiten, eine Individualisierung der Glaubensvorstellungen, eine Prävalenz und eine Vorherrschaft des Persönlichen und eine entschiedene Auflösung des Gemeinschaftlichen, des Gesellschaftlichen, des Integrierten.

 

Und es geschieht, dass es unter diesen Umständen denjenigen, die sich wegen der Herrschaft, wegen der Gewalt, wegen der Manipulation in privilegierten Positionen untergebracht befinden, leicht fällt… es ist einfach für sie, in diesen Positionen zu bleiben, die wir „privilegiert“ genannt haben, aber irgendwie sind sie es, da es ihnen an Hunger fehlt und sie sich in der Opulenz befinden… und nicht nur darin, sondern mit der Fähigkeit, Individuen – keine Gemeinschaften – zu lenken, zu kontrollieren und zu dominiere.

In dem Maße, wie sich das Wesen selbst als „eigen“ definiert, als „sich selbst gehörend”, und es ihm an Beziehungen fehlt, also gemeint ist nicht mit der Schöpfung(!) – das wäre sehr groß –, sondern mit der notwendigen Sozialisierung, wurde das nach und nach ersetzt – angesichts der der Gemeinsamkeit, angesichts des permanenten Streits, angesichts der Klage und der grässlichen  Kritik – und sie, die Menschheit,  hat diese Tendenz unmöglich gemacht, die sie hatte und die sie hat, miteinander zu kommunizieren, sich ein gemeinsames Kriterium zu machen. Und in der Tat: diese Union macht die Kraft.

Und auch wenn es offensichtlich erscheint, dass jeder einzelne aller bedarf, setzt sich in dem alltäglichen Verstand immer mehr die Idee durch, dass „ich mich selbst benötige”.

Das Universum reduziert sich auf mein Kriterium, auf meine Idee.

 

Das Wesen bleibt so verwurzelt in einer Perspektive ohne Verstärkung, ohne Wegstrecke, ohne die Möglichkeit, sich zum Echo von anderen zu machen und Einheiten zu fördern, die Aktivitäten ausüben, die nicht befreiend sind.

Dieser Volksspruch, der sagt, dass: „Jeder einzelne den Krieg für sich führt. Ja.

 

Der Betende Ruf positioniert uns angesichts dieser Offensichtlichkeit, die sich in den fortgeschrittensten, den dominantesten, den am meisten kontrollierenden Bevölkerungen ergibt.

Und folglich werden sie diese kognitiven Zustände in denen erzeugen, da sie nicht durch diese Gemeinsamkeit, durch diese Diversität potenziert werden…, also man fängt immer mehr an, das für gut zu erklären, was in einem anderen Moment gewöhnlich, vulgär… und/oder/ und unnütz war.

 

Die Toleranz wird zur… wird zur Fahne und Standarte.

Folglich fängt die Strenge… – nicht die Rigidität – des gut Realisierten, des Reinlichen, des Exakten, des Pünktlichen, des Angemessenen… an, Sinn zu verlieren.

Und die Suche des Einfachen bewirkt, dass die Fähigkeiten des Wesens atrophieren und das Verstreichen schwer wird. Es scheint ein Widerspruch zu sein: man will leicht leben und in der Praxis ist das schwierig. Weil nicht die Ressourcen eingebracht werden, die Das Wesen hat. Weil man es auf seine Individualität, auf seine persönliche Wichtigkeit, auf seine Rechte, auf seine Güter, auf seine Eigentümer, auf seine Herrschaftsgebiete… konditioniert hat.

 

Der Betende Ruf positioniert uns folglich angesichts dieses beharrlichen… „er positioniert uns” angesichts dieses beharrlichen Tuns, das verkündet, dass…: „Das schlecht Bekannte ist mehr wert als das Gute, das man kennenlernen könnte.“[1]

 

Und so ist es, dass wir wachsam sein müssen, um es zu verstehen, unsere Position in dem Ganzen zu entdecken, damit wir uns bewusst werden, dass wir uns nicht gehören, dass wir ein Verstreichen in der Schöpfung sind, und dass uns die Ursächlichkeit der Vorsehung positioniert, damit wir uns unserer Universalität bewusst werden…, damit wir uns mit all dem ‚Kontaktierbaren‘ in Feinabstimmung bringen…, und damit wir in der Lage sind, den Reichtum, den Glanz, die Magie des anderen, der anderen zu sehen, ohne dass wir uns deswegen minderwertig oder unterschätzt oder unterbewertet fühlen.

Durch die Mächte werden sehr „die Vergleiche” genutzt, die, wie das Sprichwort sagt, „gehässig sind“.

Und es ist klar: abhängig von der vergleichenden Referenz – die immer jemand oder etwas von einem gewissen Grad der Bewunderung sind – verbleibt die Person mit der Sehnsucht, mit der Beklommenheit und der Unmöglichkeit da ranzukommen, und so realisiert es kontinuierlich Imitationen gemäß der Mode, der Tendenz oder dem, was in dem Moment wichtig ist.

 

 

In der einen oder anderen Weise leben wir in den Räumen, welche den Gipfel der Macht, der Herrschaft und der Kontrolle darstellen: ein allgemeiner „Westen“, der sich mächtig, dominant und Garant für Freiheiten fühlt.

 

Von hier aus nimmt es (das Wesen) folglich diese „Freiheit” – zum Beispiel –, um sich von der ganzen Umgebung zu befreien und um selbstsüchtig, zentripetal von allen zu fordern, die uns dienen, die uns bewundern.

Und um so eine… Freiheit zu erreichen?

 

 

„Die Wahrheit”, die jedes Wesen als die einzige, als die authentische, die wahrhaftige, die wahre Version anführt, ist die alltägliche Verhinderung, um den anderen zu erkennen, die anderen, um die Gemeinsamkeit und die notwendige Solidarität zu verhindern und vor allem, um unsere ‚Zwischenabhängigkeit‘ zu erkennen, ohne die wir nicht lebensfähig sind.

Und unsere Lebensfähigkeit auf der Basis der Herrschaft, der Kontrolle, der Spekulation, der Gewalt der einen über die anderen, ist wirklich angsteinflößend.

Ja, es (das Wesen) ist permanent gestresst, kontinuierlich in Alarm… um sich einen Platz in der Familie, in der nahen Gemeinschaft, zwischen den Freunden etc. zu garantieren.

 

Der Betende muss seinen Ursprung vom Schöpfer Mysterium aus erinnern, seine Entwicklung und Evolution durch ein Verstreichen… von dem wir Fragmente kennen, aber in dem wir Vorherrschaften und Herrschaften der einen über die anderen gesehen haben, die fortschreitend anwachsen.

 

 

ES gibt – folglich – einen Ruf zur Wachsamkeit(!), zur Aufmerksamkeit(!) hin zu dieser Tendenz der hedonistisch, dominanten Individualisierung…, die in den Gemeinschaften, in denen sie einen signifikanten Teil dominieren und kontrollieren, bewirken, dass sie dieses Verhalten den Bedürftigen, den Verfolgten, den Hungernden, den Armen… übermitteln… und dass diese als Bezugsmodell haben, irgendein Privileg, irgendein… Almosen(?) zu bekommen, was ihm der Mächtige, der Dominierende gerne gibt.

 

 Jeder einzelne in den kulminierenden Gesellschaften scheint seine Ansprache, seine Art der Wichtigkeit zu haben, die ihm dient, und die ihn in seinem hedonistischen Privileg rechtfertigt, welche ihm die allgemeine Macht wohlwollend für die Eingliederung (span.: ‚acomodo‘) verleiht… – und nicht Anpassung (span.: ‚adaptación) – die Eingliederung an die leichte Antwort – daran, angesichts jedweden Drucks einzuwilligen – und sich tatsächlich gleichzeitig überzubewerten oder unterzubewerten, indem man in diese Spaltung eintritt, die aus dem Verstand ein unstabiles, aggressives, deprimiertes Wesen macht, das sich in einem kontinuierlichen Prozess des Kampfes befindet.

 

Und zu lieben wird dazu, „sich zu lieben”, so als ob die Meereswellen nur daran denken würden, sich in ihrer Höhe und ihrem Schaum zu vergnügen und sich nicht an das Ufer spülen lassen würden.

 

(2 Min. der Stille)

 

Wenn in anderen Zeiten das Wesen angesichts des Unbekannten, was es als „Gottheit” identifizierte, furchtsam war, fürchtet es sich jetzt vor sich selbst und vor jedweder Biodiversität, die ihm nicht das beisteuert, was es will oder fordert.

Und so, stellt sich nach und nach die Furcht, die zur Angst wird, die zum Terror wird und die im Grauen kulminiert, ein.

 

Uns unserer Umgebung gegenüber öffnen, die Zufälle teilen, die Bewunderungen annehmen, die Gemeinsamkeit als einen solidarischen Akt annehmen, sich in die Schöpfung verwickeln und nicht in den persönlichen Individualismus verfallen, sind Anregungen, die uns der Betende Ruf darlegt.

 

 

Wir sind Produkte von einer „Verschwörung der Sterne” und als solche, als poetischer Ausdruck, verweist uns das auf unseren Ursprung der Aussendung des Lichts, das auf seiner Reise war, ist und weiterhin… die Lebendspezies beleuchtet…, und das vor den Tendenzen warnt, die auf die Dunkelheit hinweisen. Welche nicht die Dunkelheit des Mysteriums ist, sondern die Dunkelheit, die sich weigert, zu leuchten, zu orientieren, teilzuhaben; aufzuhören, dass einen die Zeit domestiziert, einen dominiert und einen kontrolliert und du niemals das Ausreichende hast, um da zu sein, um zu sein. Und sich immer in der Agonie zu bitten, zu fordern, zu zwingen zu befinden…

Und gleichzeitig, wie es verängstigt wird, wird die Herrschaft auf unterschiedlichen Stufen gepriesen: eine kaputte Stufe.

 

Sich öffnen, um in dem anderen die Tugend zu sehen.

Sich als Blume öffnen, um das Aroma auf alles, was in der Nähe entlanggeht, auszustreuen.

 

Eine treue und rigorose Referenz dessen sein, was aufleuchtet, dem Leuchten, das uns entspricht, um aus unserem Verstreichen einen Lichterschein zu machen, der mit dem Mysterium der Dunkelheit zusammenlebt, welche die ist, die unsere leuchtende Anwesenheit erlaubt.

 

 

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[1]“Más vale lo malo conocido que lo bueno por conocer”: „Lieber die Katze im Sack, als die Taube auf dem Dach.”

 

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